Im Schatten des Ortler

… eine Tour mit den Freunden aus Singen

Die abschließende, mehrtägige Mountainbike-Veranstaltung im Tourenjahr 2020 fand wie gewöhnlich in den Südalpen statt. Bedingt durch die Corona Pandemie konnte in diesem Jahr leider vieles nicht wie gewohnt stattfinden. Etliche Veranstaltungen und Touren wurden abgesagt. Da aber zum Zeitpunkt der geplanten Tour die Fallzahlen in Italien kontinuierlich gesunken waren, bestand aktuell keine Reisewarnung für die italienischen Alpen – ergo konnte es losgehen. In diesem Jahr gab es noch eine weitere Besonderheit: Die Tour wurde als gemeinsame Veranstaltung mit dem DAV Konstanz/ Ortsgruppe Singen durchgeführt.

Anreise: Donnerstag, 17.09.2020:

Die Anreise mit dem PKW führte entlang des Bodensees durch die Schweiz. Es ging über den Ofen-Pass ins Val Münstair, anschließend überquerten wir den Umbrail-Pass und die italienische Grenze ins Veltin (Valltellina), in der Region Lombardei.
Am Fuße der kurvenreichen Passabfahrt liegt Bormio. Von dort aus waren es nur noch wenige Kilometer bis zum Zielort, St. Caterina Valfurva. Die Gemeinde liegt auf immerhin 1.740 m am Nationalpark Stilfser Joch (Parco Nazionale dello Stelvio) und bietet mit dem Stelvio Natural Trail Park eine große Auswahl an MTB Touren mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden.

Nach der Ankunft im Hotel erfuhren wir, dass die Mitradler_innen der Sektion Konstanz/Singen bereits im Gelände unterwegs waren. Wir beschlossen unsererseits auch eine erste kleine Erkundungstour mit dem Mountainbike und befuhren eine Passage des Trails, der als Lusseda bezeichnet wird. Ein schmaler Pfad entlang eines bewaldeten Hanges, teilweise verblockt, gab uns einen Vorgeschmack auf die Touren der kommenden Tage.

Erste Tour: Freitag, 20.09.2020

Die erste Tour war als Panorama Tour mit herrlichen Ausblicken angekündigt und es wurde uns tatsächlich nicht zu viel versprochen!
Die erste Etappe legten wir allerdings im Geländewagen-Shuttle und mit den Rädern im Anhänger zurück. Das heißt, nicht alle Teilnehmer, denn zwei starteten früher und bewältigten die bergauf führende Strecke “bikenderweise”. Ausgangspunkt der Tour war ein Wanderparkplatz unterhalb der Hütte Refugio Forni auf 2.200 m.

Von hier aus ging es zunächst einen Schotterweg hinauf zum Refugio Pizzini-Frattola, schon jenseits der Baumgrenze auf 2.706 m. Nach kurzer Rast folgte dann der Einstieg auf den Trail Panoramico Pizzini. Der Weg bot wie versprochen herrliche Ausblicke auf die Gebirgslandschaft, allen voran auf den Monte Zebrù, Grand Zebrù (Königsspitze) und die Gletscherzungen des Monte Cevedale.
Eine steinige, kurvige Abfahrt brachte uns auf den Weg zur bewirteten Almhütte Baite Ables, die extra für uns öffnete.

Kühe, die den Weg ebenfalls nutzten, blickten uns etwas verständnislos an. An der Hütte angekommen war erst einmal eine Pause angesagt: Wir genossen den Ausblick auf St. Caterina, den Gavia-Pass und die umliegenden, grandiosen Berge, aßen Polenta und lagen in der warmen Sonne.
Weiter ging es dann zunächst als kurze Schiebepassage auf einen Pfad, der uns zum Einstieg in eine Abfahrt durch ein Waldstück führte. Die Baumgrenze hatte uns wieder!
Die Abfahrt, die als Trail Confinale beschrieben ist führte uns zum Teil über ruppige, teils steile Passagen und Wurzelwerk, hinab ins Tal zurück nach St. Caterina.

Zweite Tour: Samstag, 21.09.2020

Da die Seilbahn bereits geschlossen war, brachte uns ein Geländewagen-Shuttle zum “Sunny Valley”, dem Startpunkt unserer zweiten Tour. Das “Sunny Valley” ist ein Skigebiet in über 2.600m Höhe. Das ist für´s Mountainbiken schon ganz schön hoch, aber es würde hier auch noch höher gehen. Mit der (leider geschlossenen) Seilbahn “Bormio 3000” hätte man die Höhe von über 3.000m schnell erreicht, aber so waren wir auf ein Shuttle angewiesen.
Während der Fahrt hinauf (mit dem Geländewagen) sah es erstmal nicht ganz so sonnig aus. Nebel hing in der Landschaft. Oben angekommen, hatten wir jedoch die Nebelgrenze überschritten und die Sonne schien wieder für uns, während unter uns das Nebelmeer zu sehen war.

Unsere Route führte über einen Streckenabschnitt des Sunny Valley Trails, am kleinen Bergsee Lago del Alpe vorbei, durch felsige Landschaft. Und wieder hatten wir einen grandiosen Ausblick auf die Bergwelt rund um den Monte Gavia. Weiter ging es auf alten Schmugglerpfaden (Dynamite Trails). Und ja, der Name war Programm, denn es war eine technisch anspruchsvolle Strecke, felsig und zum Teil mit Schiebepassagen. Der Trail endet an der Pass-Straße zum Gavia-Pass. Über Asphalt kurbelten wir gemeinsam mit Rennradlern und Motorradfreunden hinauf zur Raststätte, Refugio A. Berni. Zeit für eine Pause, mit unseren mitgebrachten Broten und einem anschließenden Kaffee am Rasthaus.

Der zweite Abschnitt verlief weiter über den Gavia-Trail, inklusive der Passage über die eindrucksvolle Felsbrücke Ponte di Pietea. Ein Fotomotiv, das es fast in allen Bike-Zeitschriften schon auf die Titelseite geschafft hatte. Die Strecke wurde von unserem Guide Gerhard als “nicht ganz so verblockt” beschrieben. Das ist alles Ansichtssache und kommt auf die individuellen Fahrkünste an, wobei einige Passagen eindeutig Schiebestrecken waren…

Eine weitere Rast mit wundervollem Blick ins Tal und die umliegenden Berggipfel legten wir auf einer Wiese oberhalb der Abfahrt La Romantica ein. La Romantica, wunderschön mit ungefähr 80 Spitzkehren, gesäumt von Holztäfelchen mit romantischen Sprüchlein und Baumherz – daher der Name. Allerdings galt die Konzentration eher der Streckenführung und den engen Kehren, als den Sprüchen am Wegesrand!

Frage: Sind die Kehren alle fahrbar?
Antwort: Je nach Können… ;-)

Dritte Tour, Sonntag, 22.09.2020

Erneut haben wir den Shuttle-Service zu Refugio Forni genutzt. Alle?
Nein, auch diesmal nicht alle. Unsere zwei Unerschrockenen haben es sich nicht nehmen lassen, wieder mit Muskelkraft die erste Passage zu bewältigen.
Von dort aus ging es erneut den Weg hinauf zum Refugio Pizzini-Frattola, wie bereits am Freitag. Gemäß dem Motto “… und täglich grüßt das Murmeltier …”, wobei wir passend zum Motto während des Anstiegs tatsächlich Murmeltiere im Gelände sehen und hören konnten.

Oben angekommen hieß es erst mal durchatmen, und eine kleine Stärkung zu sich nehmen. Diesmal nahmen wir den Weg von der Pizzini Hütte in südlicher Richtung. Ein Pfad führte zum Refugio Cesare Branca, in der Nähe des Forno Gletschers. An der Hütte war erneut eine Pause angesagt.

Frisch gestärkt, stiegen wir in den Trail “Ponti Tibetani” ein. Auch dieser Trail ist technisch anspruchsvoll und ein absolut hochalpiner Pfad; an manchen Stellen steinig verblockt, einerseits mit schmalen Passagen am Berghang und andererseits mit Tragepassagen bergauf.
Namensgebend sind zwei über kleinere Schluchten führende Hängebrücken. Man bekommt in diesem hochalpinen Gelände tatsächlich einen kleinen Vorgeschmack, woher der Name des Trails abgeleitet ist…

Ein kurzer Abstecher brachte uns an den Fuß des Gletschers Ghiacciao Forni, sehr eindrucksvoll. Wann kommt man bei einer MTB Tour schon einmal an einem leibhaftigen Gletscher vorbei?
Kurz sah es nach Regenwetter aus, aber die Wolken verzogen sich und die Sonne hatte wieder die Oberhand. Am Ende der Passage erreichten wir wieder in die Baumgrenze. Über eine Kuhwiese hinweg folgten wir dem ausgeschilderten Weg. Landschaftlich wunderschön, zum Befahren allerdings nur bedingt geeignet, somit waren wieder Trage- und Schiebepassagen angesagt.

Aber es gab kein Wehklagen, denn damit muss man rechnen bei Touren in alpinen Regionen! Der wundervolle Ausblick ins Tal entschädigte uns voll und ganz für die Mühen. Ein Felsvorsprung über dem Tal bot uns noch eine grandiose Kulisse für ein “Foto-Posing”.

Abreise: Montag, 23.09.2020

Die Singener machten aufgrund des kürzeren Heimweges noch auf eine Halbtagestour und wir Rottenburger machten uns jedoch auf die Rückreise ins Schwabenländle!
Bei der Rückfahrt über die Pass-Straßen der Italienischen und Schweizer Alpen konnte man noch einmal den Anblick der schroffen und gewaltigen Alpengipfel auf sich wirken lassen.

Eine durch und durch beeindruckende Landschaft, und ja, es waren wunderschöne Tage und erlebnisreiche Touren in dieser faszinierenden Bergwelt.


Bericht: Uwe Teichner,
Tourenleitung: Gerhard Lude, Barbara Kiss-Nägele (Sektion Konstanz/Singen)

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