Achtung – Steinschlaggefahr!

Dreiländertour am Tauernhauptkamm

Angekündigt hatte Thomas ein „5-tägiges Bergtrecking durch den wilden Osten der Zillertaler Alpen“. Wer die Ausschreibung auch nur etwas näher studierte, erkannte schnell, dass im Dreiländereck Tirol – Salzburg – Südtirol eine anspruchsvolle Rundtour in einer nicht überlaufenen Ecke mit noch relativ intakter Hochgebirgsnatur und mitunter langen Etappen anstand. Aber davon kann man bei Thomas ja immer ausgehen. Freilich: Die „Durchquerung der Reichenspitzgruppe“ musste wegen der hohen Steinschlaggefahr in der Gamsscharte abgeblasen und die Tour in der zweiten Hälfte auf die Alternative umgestellt werden. Doch der Reihe nach:

Der Wetterbericht war für die Tage vom 12.-16. August 2017 durchwachsen, für den Samstag noch ganz schlecht und die folgenden Tage mit Tendenz zum Besseren. Mit entsprechend gemischten Gefühlen fuhren wir deshalb um 6 Uhr in Rottenburg ab wohlwissend, dass an diesem Tag in dem beliebten Urlaubsgebiet Zillertal wir nicht die einzigen auf der Straße sein werden und dass uns von Krimml (1067m) aus noch die 3-stündige Eingehtour an den berühmten Wasserfällen vorbei über die Holzlahner Alm durchs Achental zum Krimmler Tauernhaus (1622m) bevorstand. Kaum waren wir aus den Autos gestiegen, setzte der Dauerregen ein – derweil hätte uns die Gischt der imposanten Wasserfälle zur Erfrischung schon genügt. Die enormen Wassermassen und die hohe Fallhöhe von 380m über drei Stufen machen die fünfthöchsten Wasserfälle der Welt zu einem atemberaubenden Naturschauspiel. Weniger toll sind die dortigen Menschenmassen aus aller Welt, auffallend viele aus dem arabischen Raum, die wir schnell hinter uns ließen. Im Tauernhaus wartete ein moderner Wellnesstempel auf uns, dessen Saunalandschaft unsere Frauen sofort genossen.

Der Sonntag begann mit einem bequemen Wanderweg bis ans Ende des Krimmler Achentals. Hier konnte man die Seele baumeln lassen und die Natur mit ihrer alpinen Flora und Fauna genießen. Von der Innerkeesalm aus ging der Weg zunächst durch die Moränenlandschaft des Krimmler Kees, um dann kurz, aber steil zur Birnlücke (2667m) hochzuführen. Der Himmel war wolkig, der Schweiß für die über 1000Hm hielt sich so in Grenzen. Lohnend dafür immer wieder der Blick zurück auf die deutlich schwindende Gletscherwelt des Krimmler Kees. An der Birnlücke überschreitet man die österreichisch-italienische Landesgrenze. Die gleichnamige Hütte (ital. Rifugio Tridentina, 2441m), die man von der Birnlücke aus sieht und in 30 Minuten erreicht, ist ein echtes Kleinod im Norden Südtirols: Am Fuß der Dreiherrnspitze eröffnet sich ein tolles Bergpanorama, aber auch der Blick hinaus ins reizende Ahrntal. Durch die relativ frühe Ankunft auf der Hütte blieb reichlich Zeit für Kaffee und Kuchen und/oder ein Sonnenbad. Und es gab auf der Hütte nur Südtiroler Wein, den guten Edelvernatsch statt des raueren österreichischen Zweigelts oder Blauburgunders. Ob‘s daran lag, dass der Schreiber dieser Zeilen abends beim Würfelspiel Chicago Letzter wurde? Oder war er noch beeindruckt von den zottligen Yaks Reinhold Messners, die hoch oben am Weg standen?

Tag drei sollte die längste Etappe bringen. Auf dem Lausitzer Höhenweg, der keine großen Höhenunterschiede aufweist, ging es zunächst hinauf zur Teufelsstiege (2651m) und weiter zur Neugersdorfer Hütte (2567m), einem nicht mehr bewirtschafteten Zollhaus. Hier konnten vier Gipfelsüchtige ihren Trieben nicht widerstehen und erstürmten den Schientalkopf (2773m), während die andere Hälfte nach einer Rast gemächlich weiterzog in Richtung Hl. Geist-Jöchl (2638m), um dort auf die Gipfelstürmer zu warten. Die 30 Minuten nach der Abzweigung vom Lausitzer Höhenweg bis zum Jöchl führen durch große Geröllblöcke steil hinauf, entsprechend geht es auf der anderen Seite plattenreich hinab zum Hannemannweg, einem dann in diesem Abschnitt relativ eben verlaufenden Höhenweg, der in etwa drei Stunden aussichtsreich zur Plauener Hütte (2364m) führt. Thomas hatte noch eine Alternative angeboten: Vom Jöchl das Zillergründl hinab, am Stausee entlang und dann 500Hm wieder hoch zur Plauener Hütte. Niemand konnte sich nach der langen Gehzeit (und dem Gipfel) mit diesem Gedanken anfreunden, wir hatten die vom „Chef“ prognostizierten 6 Stunden Gehzeit auch schon deutlich überschritten. Und die Hütte wollte und wollte nicht kommen…

Am Dienstag sollte die Königsetappe folgen: Von der Plauener Hütte die Gamsscharte (2972m) hoch und wieder hinab zur Richterhütte, von dort weiter über die Roßkarscharte (2690m) zu den Gerlosseen und zur Zittauer Hütte (2328m). Geplante Dauer ca. 7,5h bei ca. 931m im Auf und 967 Hm im Ab. Es gab nur ein Problem: Die Gamsscharte ist wegen Steinschlaggefahr inzwischen ganz gesperrt, stattdessen wurde zu ihrer Überschreitung ein Klettersteig angelegt. Da aber auch dieser nach Auskunft des Wirtes der Plauener Hütte wegen Steinschlags sehr gefährlich ist – wir hörten tags zuvor es mehrmals heftig rumpeln – und wir keine Klettersteigausrüstung dabei hatten (die ja auch nichts „verhebt“, wenn größere Brocken kommen), nahmen wir ohne Murren den längeren Fußmarsch über die Zillerplattenscharte (2880m) in Angriff. Wir wurden dort entlohnt mit einem großartigen Bick auf den Eissee, in dessen Fluten drei Unentwegte meinten, nochmals jung werden zu können – vergebens! Von dort ging es über abwechslungsreiches Gelände auf dem Fritz-Pungs-Weg zur Westl. Windbachscharte (2693m) – niemand wollte die 110 Hm zur Rheydter Spitze mehr hochsprinten – und dann hinab zur nahen Richterhütte (2367m). In dieser kleinen gemütlichen Hütte ist noch der Charme vergangener Bergsteigerzeiten anzutreffen. Nette Wirtsleute, super Essen (wie auf jeder der besuchten Hütten). Großartig auch der Ausblick auf die Reichenspitzgruppe und das Rainbachkees.

Am letzten Tag zeigte die Natur, dass sie doch das letzte Wort hat: Waren wir die Tage 2-4 trocken geblieben, so zog am Mittwoch um 8 Uhr ein Gewitter auf und es goss 1,5 Stunden lang wie aus Kübeln. Das zwang uns zu einer letzten Runde „Chicago“ in der Hütte, erweitert durch ein junges Pärchen aus Hamburg, die sich in die Geheimnisse des Würfelspiels schnell einfanden. Nach dem Abstieg durch das Rainbachtal schloss sich am Krimmler Tauernhaus der Kreis und wir erreichten nach ca. 5 Stunden unsere Autos in Krimml. Am Wasserfall wieder den Menschenmassen zu begegnen, war wie ein Schock. Auch leiblich gestärkt bei einem abschließenden Hock in einem Krimmler Lokal traten sechs die Heimreise an, Adelinde und Friedbert hängten noch Urlaub am Schliersee an.

Insgesamt waren es erlebnisreiche Tage mit einer tollen Gruppe. Die Stimmung war tagsüber wie auch beim abendlichen Zusammensitzen gut, so dass die Zeit wie im Flug verging. Zu erwähnen ist, dass der Altersdurchschnitt der Truppe bei 63 Jahren lag. Der unverwüstliche Karl-August als Senior gab immer wieder Kostproben seiner beeindruckenden Bergkenntnis aus (fast) allen Ecken der Alpen von sich. Und Dagmar als Stimmungskanone – ich soll schreiben „wie immer“. Kurzum: Es war „super“: Tolle Gegend, prima organisiert, muntere Truppe! Danke Thomas! Hoffentlich kommt von dir auch nächstes Jahr ein „super“-Vorschlag. Übrigens: Solche Touren, wo auch wir Älteren noch mitkommen, darf es ruhig mehr geben.


Termin: 12. 08. 2017 – 16.08.2017
Führung: Thomas Leon;
Teilnehmer: Roswitha, Adelinde, Dagmar, Efi, Karl-August, Friedbert, Andreas;
Bericht: Andreas.