Auf den Spuren der Neandertaler

Caveman-Tour auf der Ostalb

Mit dem Mountainbike auf den Spuren der Neandertaler: von Steinzeitabenteuern, Höhlen-Apartments zu den ältesten Kunstwerken der Menschheit und wie wir lernten Faustkeile und Feuer zu machen.

1. Tag: (Herbrechtingen – Lonetal – Bernstadt)

Es war eine ganz außergewöhnliche, originelle und unterhaltsame Tour, die unser Guide Ferdi super für uns vorbereitet hat. Per Mountainbike folgten wir den Spuren der Steinzeit durch die Flusstäler der Brenz, Lone, Ach und Donau. Auch schöne Albtrails waren immer wieder dabei. Es standen aber diesmal nicht biketechnische Fertigkeiten, sondern die faszinierende Welt und kulturellen Hinterlassenschaften unserer Urväter und -mütter im Vordergrund. Aber von vorne.

Nach einer erstaunlich reibungslosen Zugfahrt stiegen wir sechs Teilnehmer unserer Expedition in die Steinzeit, nämlich Ferdi, unser Guide, Karin, Uwe, Stefan, nochmal Uwe und Marianne mit den Rädern in Herbrechtingen aus dem Zug. Und schon nach wenigen Minuten erreichten wir ein erstes landschaftliches Highlight: das Eselsburger Tal, das von Kalenderbildern zu Recht bekannt ist. Die kunstvoll auf kargen Grashügeln verteilten bizarren Kalkstotzen (ehemalige Schwammriffe) muteten fast provenzalisch an. Die erste Fotosession war also fällig, natürlich lauter Kalenderbilder!

Vom Brenz- ins schöne und urige Lonetal hinüber sausten wir auf Feld- und Waldwegen abseits von Straßen dem nächsten Highlight entgegen, der Vogelherdhöhle. Vor einigen Jahren wurde hier am Fundort eines der ältesten Kunstwerke der Menschheit, einem kleinen geschnitzten Mammut, ein besonderer Archäopark angelegt. Neben der eigentlichen Wohnhöhle gibt es noch einige andere Attraktionen: In einem nachgebauten, vollmöblierten Jurtenzelt taucht man schnell in den Steinzeitalltag ab. Daneben liegen für jedermann/frau sehr schicke, (fast) originale Steinzeitklamotten aus Fellen und Leder bereit, in die wir uns natürlich gleich werfen. In der Mittagspause grillen wir uns auf offenem Feuer Rüssel- und Rossgriller und löschen bei strahlendem Sonnenschein unseren Durst mit Auric-Schorle. Das Original-Mammutle (ca. 4-5 cm groß) hinter Panzerglas rührt einen mit seiner Schönheit richtig an, wenn man weiß, dass es vor 40000 Jahren in dieser Höhle an einem langen Winterabend von einem Künstler liebevoll in Mammutelfenbein geschnitzt wurde…. Genug der Sentimentalität. Der Archäopark Vogelherdhöhle bei Niederstotzingen ist jedenfalls ein Superausflugsziel für Familien mit Kindern. Aber auch uns Erwachsenen hat’s tierisch Spaß gemacht!

Bei angenehmen Sommerwetter lassen wir uns weiter durch das hier sehr einsame Tal der Lone treiben, bis zum Hohlen Stein, der nächsten Exklusivhöhle. Man muss sich die Wohn-Höhlen hier nicht so dunkel und feucht wie etwa auf der mittleren Alb vorstellen. Sie liegen vielmehr oft am Südhang in Halbhöhenlage, meist mit großen, hellen Portalen, durch die die Sonne im vorderen Bereich gut hineinkommt, manchmal mit Seiteneingängen, durch den ein sanfter Luftstrom ziehen kann. Zumindest im Sommer sehr einladend, da oft auch mit schöner Aussicht. In kalten Wintern allerdings hat das sicher anders ausgesehen! Im Hohlen Stein wurde neben der berühmten Löwenmensch-Figur (heute im Stuttgarter Landesmuseum) auch der bisher einzige Neandertaler-Knochen (Oberschenkel) der schwäbischen Alb gefunden.

Auf unserer Tour folgten wir übrigens Stationen des in Tübingen verfaßten Romans ‚Die Venus aus dem Eis‘ von Wertheimer und Conard. Der Philosophie Professor und der Archäologe aus Tübingen zeichnen in einer phantasievollen Geschichte das Leben der Neandertalerfrau Khar nach. Diese wird von einer Sippe ‚moderner‘ Menschen (Cro-Magnon-Menschen) aufgenommen, zieht mit ihnen weiter und lernt dort ein neues, leichteres Leben als bei den Neandertalern kennen, bis sie sich wieder von ihnen trennt. Das Buch basiert auf den tatsächlichen Fundorten der Figuren aus der Altsteinzeit (Knochenflöte, Mammut und der Venus vom Hohle Fels). Es ist wissenschaftlich fundiert, spinnt aber eine spannende Geschichte um die Fakten. Man erfährt dabei viel über das harte Leben der damaligen Zeit. Während wir die Stationen des Romans auf der Tour fast alle abklappern, lauschen wir in Kurzlesungen einigen Schlüsselstellen des Buches also an den Originalschauplätzen.

Am Nachmittag führt uns Ferdi zu einer dritten Steinzeitvilla im Lonetal: Die Bocksteinhöhle ist ebenfalls eine Neandertaler Höhle. In ihr wurde eine Vielzahl von Tierknochen z.B. von Höhlenbären und –löwen sowie Speerspitzen gefunden, die belegen, dass ihre Bewohner geschickte Jäger waren. Die Höhle liegt wieder sehr schön in geschützter Aussichtslage, das Besondere sind diesmal komfortable Oberlichter (Öffnungen in der Decke) mit Tageslicht, durch die auch der Rauch gut abziehen konnte. Ferdi versorgt uns immer wieder mit viel Detailwissen, wie etwa Bevölkerungsdichte, Durchschnittstemperaturen (5 – 6 Grad weniger als heute, es war ja Eiszeit), Klima- und Ernährungsbedingungen zu der Zeit. Das Nahrungsangebot an Fleisch und Früchten zum Beispiel muss aufgrund der geringen Bevölkerungsdichte erstaunlich gut gewesen sein. Gut aufgemachte Schautafeln illustrieren außerdem den Alltag und das Leben unserer Vorfahren. Die letzte Höhle des Tages, die wir streifen, liegt am Ende des Lonetals und heißt Fohlenhaus. Sie macht ihrem Namen Ehre, weil sie in einem größeren Felsens liegt, der tatsächlich die Form eines Pferdes hat. Die Lone, die einst einer der größten Flüsse Europas war, ist heute hier nur noch ein Bächle.

Randvoll gefüllt mit Eindrücken radeln wir am Abend aus dem Lonetal zum nahegelegenen Übernachtungsort Bernstadt (eher ein Dorf) hinauf. Beim Abendessen im Biergarten und später im gar nicht steinzeitlichen Gasthof Lamm (mit Lonetal-Lodge) lassen wir den Abend gemütlich ausklingen.